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Positionspapier Wildtierregulierung

Grundsätzliches zur Wildtierregulierung in Nationalparks

Die Natur hat – anders als wir Menschen – keine Maßstäbe für Zeit, Ordnung und Schönheit. In der Natur gibt es weder Chaos noch Ziel, weder Nutzen noch Schaden. Die Natur kennt nur dynamische Prozesse von Werden, Wachsen und Vergehen. Das „Da sein“ ist der Selbstwert, der Grund, warum Nationalparks existieren. Das versuchen wir zur Grundlage unseres Handelns als Nationalparkverwaltungen zu machen.

Nationalparks folgen beim Schutz ihrer Ökosysteme dem dynamischen Ansatz, dem Zulassen natürlicher Abläufe ohne das Gestalten der Menschen und ohne vorgefertigtes Wissen über Weg und Endpunkt von Prozessen („Natur Natur sein lassen“). Dazu gehören grundsätzlich auch die vielfältigen Einflüsse von Wildtieren und das breite Wirken natürlicher Regulierungsfaktoren wie z. B. großer Beutegreifer.

Nationalparks in Deutschland sind meist klein und zugleich eingebettet in intensiv genutzte Kulturlandschaften. Mobile Tierarten bilden keine isolierten Populationen in Nationalparks und können dort aufgrund vielfältiger Randeffekte Schlüsselprozesse nachhaltig verändern. Durch Einflussnahme des Menschen entstandene hohe Populationen verschiedener Arten können dem Ziel des Schutzes der natürlichen Dynamik in Nationalparks entgegenstehen und die Lebensgemeinschaften grundlegend beeinflussen.

Jeder Eingriff in Wildtierpopulationen muss diese Gegebenheiten und die jeweiligen Schutzzwecke berücksichtigen. Die Zielsetzungen für Nationalparks unterscheiden sich z. B. vom herkömmlichen Jagdwesen mit seinen Hege- und Erntevorstellungen so grundlegend, dass hier von einer Wildtierregulierung gesprochen wird.

Begründung der Wildtierregulierung

Wildtierregulierung in Nationalparks ist als spezifisches Instrument des Artenmanagements gerechtfertigt, wenn natürliche Regulationsfaktoren nicht ausreichend wirken können. Sie kann helfen, schutzzielgefährdende Wirkungen innerhalb der Gebiete abzufedern oder andere gesetzliche Anforderungen sicherzustellen, vor allem

  • zur Erreichung definierter Schutzzwecke bzw. Nationalparkziele (z. B. zur Ermöglichung natürlicher oder naturnaher Waldbestände oder anderer Lebensräume)
  • zur unmittelbaren Gefahrenabwehr (z. B. Deich-, Lawinen- und Erosionsschutz, Tierseuchen)
  • zur Vermeidung oder Verminderung nicht vertretbarer negativer Auswirkungen auf die angrenzende Kulturlandschaft
  • in Einzelfällen zum Schutz gefährdeter, ökosystemtypischer Arten

Durchführung der Wildtierregulierung

Bei der Wildtierregulierung sind diejenigen Methoden anzuwenden, die eine effiziente Regulierung ermöglichen, Störungseffekte minimieren und eine optimale Berücksichtigung des Tierschutzes gewährleisten. Für Maßnahmen der Wildtierregulierung in Nationalparks gilt immer der Grundsatz „So wenig wie möglich“:

  • Regulierungsmaßnahmen sind keine wirtschaftlich bestimmten Nutzungen und unabhängig von herkömmlichen Bewirtschaftungskriterien sowie Trophäengesichtspunkten zu steuern.
  • Zumindest die im öffentlichen Eigentum befindlichen Flächen in Nationalparks sind von Verpachtung und anderen entgeltlichen Vergaben auszunehmen.
  • Die Regulierung ist zeitlich und räumlich so stark wie möglich zu beschränken.
  • Die Regulierung ist möglichst auf Zeiträume außerhalb der jeweils relevanten Paarungs-, Brut-, Setz- oder Rastzeiten zu konzentrieren.
  • Die Regulierung und ihre Auswirkungen sind durch ein Monitoring zu begleiten.
  • Eine Verwertung von Wildtieren als „Trophäen“ sowie deren Ausstellung auf Schauen o. ä. ist auszuschließen.
  • Bei der Regulierung anfallendes Wildbret von Wildtieren kann verwertet werden.
  • Zur Regulierung verwendete technische Einrichtungen sind umweltschonend und flexibel auszuführen.
  • Zur Regulierung eingesetzte Personen sind regelmäßig zu nationalparkspezifischen Themen und in ihrer Methodenkompetenz fortzubilden. So ist z. B. die Schießfertigkeit jährlich nachzuweisen.
  • Eine Regulierung von Arten, die die Schutzziele nicht beeinträchtigen, z. B. aus der Gruppe der Wasser- und Watvögel, ist nicht gerechtfertigt.

Auf an Nationalparks angrenzenden Flächen sollen die Bejagung und andere Nutzungen von Wildtieren den Schutzzweck des Nationalparks unterstützen. Nach Möglichkeit sollen dadurch Maßnahmen der Wildtierregulierung innerhalb des Nationalparks ersetzt oder vermindert werden. Nationalparkverwaltungen und Hegegemeinschaften, regionale Organisationen der Jägerschaft sowie andere relevante Interessensverbände sollen vertrauensvoll kooperieren.

Den vorliegenden Text (Stand August 2020) finden Sie auch als Dokument zum Herunterladen:
↓ Positionspapier Wildtierregulierung (PDF-Datei, 55 KB, barrierearm)

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